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Digitalisierung in Wächtersbach in vollem Gange
Die größte Herausforderung für kleinere Kommunen bei der Digitalisierung liegt darin, dass das vorhandene Verwaltungspersonal in der Regel keine spezifischen Fachkenntnisse und Kapazitäten für die Programmierung und Pflege von Online-Anträgen besitzt. Selbst wenn es gelingt, entsprechendes Fachpersonal zu gewinnen oder intern zu qualifizieren, bleibt unter anderem das Risiko, dass dieses Wissen an eine einzelne Person gebunden ist und bei deren Abwesenheit – etwa durch Krankheit oder Urlaub –nicht verfügbar ist, wenn es kurzfristig gebraucht wird.
Wie Digitalisierung auch in kleineren Städten und ländlichen Gemeinden dennoch erfolgreich gelingen kann, zeigt Wächtersbach seit nunmehr drei Jahren, in dem auf Initiative der Stadt Wächtersbach und der Gemeinde Birstein eine interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) „eGov6“ gegründet wurde. Dieser IKZ haben sich insgesamt sechs Kommunen angeschlossen: Bad Orb, Bad Soden-Salmünster, Birstein, Sinntal, Steinau an der Straße und Wächtersbach.
Seit Anfang 2023 arbeitet ein gemeinsames, spezialisiertes Team an digitalen Lösungen für die teilnehmenden Kommunen. Das Projekt wurde zunächst über das hessische Förderprogramm „Starke Heimat“ finanziert. Seit 2025 wird die IKZ eigenständig durch die Kommunen getragen. Der Fokus liegt dabei auf der Digitalisierung von Bürgerprozessen – aber auch zahlreiche interne Verwaltungsabläufe, die von der Öffentlichkeit meist unbemerkt bleiben, wurden von analog auf digital umgestellt. In Wächtersbach konnten so bereits zahlreiche Verwaltungsprozesse digitalisiert werden. Zudem konnte über die Fördermittel neue Verwaltungssoftware angeschafft werden, die interne Abläufe weiter vereinfacht und beschleunigt.
Trotz dieser Erfolge bleiben Hürden bestehen. Insbesondere der Datentransfer zwischen verschiedenen Verwaltungsbereichen stellt eine große Herausforderung dar. Unterschiedliche Softwarelösungen und fehlende Schnittstellen erschweren eine vollständig medienbruchfreie digitale Verwaltung. Die Herstellung solcher Schnittstellen ist oft nur mit erheblichem finanziellem Aufwand möglich, weshalb wegen fehlender Kosten-Nutzen-Relation, die Schnittstellen nicht in Auftrag gegeben werden können.
Seit Oktober diesen Jahres erhält die IKZ eGov6 erneut Fördermittel aus dem Programm „Starke Heimat“, diesmal zur Weiterentwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz (KI).
Gemeinsam mit der ekom21 und der Saascom GmbH arbeitet die IKZ an der Entwicklung von KI-Tools für die sogenannten Civento-Plattform. Diese Plattform, die vom Land Hessen kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, kommt dort zum Einsatz, wo keine passende Fachanwendung für Online-Anträge existiert. Das IKZ-Team kann auf dieser Plattform dann eigene Prozesse für Bürgerinnen und Bürger entwickeln.
Mit den geförderten KI-Modulen sollen später Bürgerinnen und Bürger unter anderem beim Ausfüllen von digitalen Anträgen unterstützt und Dokumente auf Echtheit überprüft werden. Neben den geförderten Maßnahmen ist außerdem vorgesehen, weitere KI-basierte Lösungen einzuführen, um das Verwaltungspersonal zu unterstützen, um zum Beispiel Medienbrüche zwischen zwei Softwaren zu beseitigen.
„Die IKZ zur Verwaltungsdigitalisierung mit ihren sechs teilnehmenden Kommunen war und ist der richtige Schritt im Bereich der Digitalisierung. Wir haben viele neue Erkenntnisse gewonnen und alle IKZ-Kommunen haben bei der Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes schon einen weiten Schritt nach vorne gemacht, was den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt. Naturgemäß wird die digitale Transformation aber niemals abgeschlossen sein. Wenn dann auf Bundes- und Landesebene noch die richtigen Weichen gestellt und richtigen Entscheidungen getroffen werden, kann es auch auf kommunaler Ebene gelingen, dass kleine Gemeinde- oder Stadtverwaltungen vollständig und medienbruchfrei digital arbeiten können. KI kann uns allen da eine gute Begleiterin und Helferin sein, um die Beschäftigten der Verwaltung und die Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen,“ erklärt Nikolai Kailing, auch IT-Koordinator bei der Stadt Wächtersbach. „Es braucht sich aber niemand im Rathaus vor einer KI-Zukunft zu sorgen. Wo KI, die selbst ja auch nicht unerhebliche Kosten verursacht, sinnvoll und effizient eingesetzt werden kann, hängt entscheidend von der Rechtslage und der Art des Einsatzfeldes ab. Die Kolleginnen und Kollegen im Rathaus wissen nur zu gut, dass gerade in kleineren Kommunen wie Wächtersbach viele Aufgabengebiete wegen der vergleichsweisen geringen Fallzahlen auf wenige Schultern verteilt werden müssen. Da bei vielen Aufgaben die vielseitigen und individuellen Lebensumstände der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden müssen, wird auch bei einem Einsatz von KI kein einziger Arbeitsplatz wegfallen. KI wird unserem Personal helfen, aber nicht ersetzen.“
Foto: Digital generiert