Projektförderung

Waechtersbacher Keramik – Aktivierende Konzeptentwicklung


Auf dem Gelände der ehemaligen Wächtersbacher Keramik in Brachttal-Schlierbach hat sich einer der bedeutendsten Fabrikkomplexe der Metropolregion Rhein-Main erhalten. Mit der architektonisch und wirtschaftlich höchst bedeutenden Anlage korrespondiert ein Ortsbild in Schlierbach, das alle Merkmale der Industrialisierung aufweist.

In unmittelbarer Umgebung hat sich zudem die vorindustrielle Anlage von „Schloss“ Eisenhammer erhalten. In Birstein befindet sich ein bedeutendes Barockschloss mit barockem Ortskern und im nahegelegenen Wächtersbach der namengebende Schlossbau mit mittelalterlichem Ortskern.

Zusammengenommen sind die verschiedenen Standorte beispielhaft für die Industrialisierung Europas. Ein solch geschlossener Komplex ist europaweit bisher nicht auf kleinstem Raum dokumentiert und als „Deutsche Industrieregion Waechtersbacher Steingut 1832“ in seiner Art einzigartig. Jeder der genannten Standorte verfügt über Gebäude, Siedlungselemente, Namensgebungen u. a. zur der bis 2011 andauernden Ära der Waechtersbacher Keramik.

Der Fabrikkomplex Waechtersbacher Keramik in Schlierbach steht heute in weiten Teilen leer. Allerdings gibt es eine rege Sammlertätigkeit der historischen Erzeugnisse der Firma. Zwei private Sammler haben ihre Bereitschaft erklärt, ihre hochbedeutende private Sammlung in eine öffentliche Stiftung zu überführen. Ebenso möchte der derzeitige Besitzer des Fabrikgeländes mit den leerstehenden Gebäuden verfahren.

Zur Sicherung des kulturhistorischen Erbes und zur Steuerung des Prozesses hat der Gemeindevorstand Brachttal einen Arbeitskreis initiiert, aus dem mittlerweile der Verein „Industriekultur Steingut i.G.“ hervorgegangen ist. Unterstützt wird die Initiative durch die KulturRegion Frankfurt-RheinMain. Auch ist der Anschluss an die Route der Industriekultur Rhein-Main bereits gelungen. Im Rahmen eines Studienprojekts der Hochschule Mainz konnten im Sommer 2015 herausragende und gestalterisch ansprechende Entwürfe für die Standortentwicklung erarbeitet werden. Diese reichen von einem Keramikum bis zu einer Erlebniswelt Waechtersbacher Keramik mit den verschiedenen Elementen eines Museums, einem Institut der Keramikforschung, Information, Verkauf und Gastronomie.

Um das Vorhaben weiter vorantreiben zu können, sollen nun im Rahmen einer Aktivierenden Konzeptentwicklung die strategischen, architektonischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zum Erhalt der Anlagen und zum Bau bzw. Betrieb eines Museums und damit verbundener Einrichtungen konkretisiert und zu umsetzungsreifen Maßnahmen entwickelt werden.

Die Ziele der Aktivierenden Konzeptentwicklung sind:

  • die Sicherung und Dokumentation des historischen, kulturellen, wirtschaftlichen und architektonischen Komplexes „Waechtersbacher Keramik“ und seiner materiellen und immateriellen Strukturen in der frühindustriellen Kulturlandschaft
  • die Dokumentation der beispielhaften nationalen Bedeutung der „Industrieregion 1832 – Waechtersbacher Steingutfabrik“
  • die Entwicklung innovativer kultureller Impulse für die Region Brachttal, Birstein, Wächtersbach
  • die Einbindung der Region Brachttal, Birstein, Wächtersbach in ein teilräumliches Tourismuskonzept
  • die Erhöhung der Attraktivität der Gemeinde Brachttal, um dem demografischen Wandel zu begegnen
  • Steuerung und Nutzbarmachung der hohen regionalen Identifikation mit der Waechtersbacher Keramik

Allen Beteiligten ist bewusst, dass Teil der Konzeption ein auf bis zu zehn Jahre modular angelegter Umsetzungs- und Finanzierungsplan sein muss, der eine den personellen und finanziellen Ressourcen angepasste schrittweise Realisierung erlaubt.

Gleichzeitig sollen erste Aktivitäten zur Belebung des Areals beitragen. So sind ein Internationales Sammlertreffen, Märkte, Workshops und Veranstaltungen in Planung. Bereits seit drei Jahren findet jährlich im Rahmen der Kulturregion Frankfurt RheinMain eine geführte Besichtigungsveranstaltung statt, die das Fabrikgelände und die örtlichen Museen – das Brachtttal-Museum und das Keramik-Museum Lindenhof – umfasst.

Die geplanten Arbeitsschritte gliedern sich in fünf Abschnitte. Diese sind prozessorientiert angelegt und werden von der Gemeinde Brachttal, dem Verein „Industriekultur Steingut i.G.“ und den örtlichen Vereinen getragen. Grundlage der Arbeiten ist die bisherige Ideensammlung.

Im Einzelnen umfassen die Schritte:

  • Standortanalyse Brachttal
  • Nutzungsanalyse und Nutzungsvorschläge
  • Ermittlung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
  • Klärung der Organisationsstruktur und Trägerschaft
  • Potentialanalyse

Den Abschluss bildet die Zusammenführung aller Ergebnisse in einen mit den Akteuren abgestimmten Zeit-, Maßnahmen- und Finanzierungsplan.

Antragsteller: Gemeinde Brachttal
Projektierung: LEADER
Projektbeginn: Frühjahr 2016
Fördersumme: 27.033 Euro